Wann hilft Neurofeedback?

Neurofeedback wird erfolgreich bei folgenden Indikationen eingesetzt. Bei einigen Anwendungen haben sich genügend Erfahrungen angesammelt, um sehr zielgerichtet vorgehen zu können, bei anderen ist das Vorgehen teilweise experimentell. Neurofeedback wird nicht von der Grundversicherung gedeckt, es handelt sich um eine komplementärmedizinische Methode. Die Aufzählung ist nicht vollständig.

 

Aufmerksamkeits- und Lernprobleme

  • Lernschwierigkeiten, Lernstörungen
  • Prüfungsängste, Schulstress
  • ADS, ADHS, verhaltensauffällige Kinder

Ein schon seit längerem erfolgreiches Anwendungsgebiet von Neurofeedback sind Aufmerksamkeitsstörungen bei Kindern (ADHS, früher POS, ADS). Dort ist die Wirkung vergleichbar mit der von Methylphenidat (z.B. Ritalin). Im Gegensatz zu den Medikamenten hält der Effekt nach der Therapie an, die Nebeneffekte (z.B. Wachstumshemmung) werden vermieden. Es gibt verschiedene Subtypen, die unterschiedlich gut auf eine Therapie ansprechen.

 

Ein typisches Phänomen bei ADHS besteht darin, dass bestimmte, für die Aufmerksamkeitssteuerung zuständige Teile des Gehirns ihre Aktivität reduzieren, wenn sie zum Lösen einer Aufgabe gerade besonders gefordert wären. Im „normalen“ Gehirn steigt in solchen Situationen die Aktivität an. Im Gehirn eines ADHS-Kindes (oder Erwachsenen) passiert gerade das Verkehrte – und zwar umso mehr, je stärker es sich bemüht.

 

Mit Neurofeedback kann es lernen, die Aktivität der betroffenen Hirnbereiche besser zu regulieren. Die Aufmerksamkeit wird besser und kann beibehalten werden, wenn eine Leistung erbracht werden soll.

 

Ende 2012 hat die American Academy of Pediatrics ihre Beurteilung von Biofeedback bei ADHS auf "Level 1 - BEST SUPPORT" angehoben.

 

Gedächtnis und kognitive Verarbeitung

  • Gedächtnisprobleme
  • Schwächen bei Leistungen wie Hören & Verstehen, Sprechen, räumlichem Vorstellungsvermögen (Mathematik), usw.

Verschiedene Gehirnareale müssen koordiniert zusammenarbeiten, damit Leistungen wie Hören und Verstehen, Erinnern, räumliche Orientierung, Schreiben, Sprechen, usw. möglich sind. Wenn das Zusammenspiel von Arealen beeinträchtigt ist, kann dies oft in der EEG-Analyse erkannt werden. Mit Neurofeedback ist es möglich, das Zusammenspiel mehrerer Areale zu trainieren und zu verbessern.

 

In verschiedenen Untersuchungen wurde ausserdem eine generelle Erhöhung des Intelligenzquotienten (IQ) durch Neurofeedback-Training festgestellt.

 

Anspannung, Stress

  • Angst, Phobien, Zwänge
  • Zwanghaftes Verhalten, Süchte, Essstörungen
  • Gedankenkreisen
  • Schlafstörungen

Wenn Gehirn und Denken „verkrampft“, nicht „locker“ oder „flüssig“ erscheinen, kann der Grund dafür in einer Überaktivierung bestimmter neuronaler Schaltkreise liegen. Es gelingt dem Gehirn nicht mehr, die überaktiven Schaltkreise zu beruhigen.

 

Mit Neurofeedback kann die Regulation dieser Schaltkreise verbessert werden. Das Gehirn bleibt weniger in den Überaktivierungszuständen fixiert. Man erhält wieder mehr Kontrolle über seine Gedanken und wird psychisch stabiler.

 

Stimmung, Antrieb, Burnout

  • Depression, Stimmungsschwankungen
  • Erschöpfung, Burnout
  • Chronische Müdigkeit, chronische Schmerzen
  • Prämenstruelles Syndrom (zyklusbedingte Depressivität)

Hier kann der Grund in einem ähnlichen Problem liegen wie bei Anspannung, Stress, Ängsten – eine Deregulierung der Aktivität bestimmter neuronaler Schaltkreise.

 

Kopfschmerzen, Migräne

Es bestehen meines Wissens keine gesicherten Kenntnisse, wie Kopfschmerzen und Migräne entstehen. Wieso Neurofeedback hier oft Erfolge verzeichnen kann, ist möglicherweise dadurch zu erklären, dass verengte Blutgefässe für die Migräne oder den Kopfschmerz verantwortlich sind. Ein Neurofeedback-Training, das auf eine verbesserte Durchblutung des Gehirns abzielt, erweitert diese Gefässe.

 

Hirnverletzungen, Schlaganfälle

Wird Hirngewebe lokal physisch geschädigt, findet das Gehirn gewöhnlich Mittel und Wege, "den Betrieb aufrecht zu erhalten". Beispielsweise kann ein durch einen Hirnschlag geschädigtes Areal quasi "abgeschaltet" werden (wobei das homologe Areal der anderen Gehirnhälfte seine Funktion übernimmt). Oftmals erholt sich geschädigtes Gewebe spontan wieder. Obwohl es seine Arbeit nun wieder aufnehmen könnte, bleibt es aber abgeschaltet. Neurofeedback kann hier helfen, die abgeschalteten Bereiche wieder zu aktivieren.

 

Bei Auffälligkeiten in der Konnektivität, dem Zusammenspiel von Arealen kann Neurofeedback dazu beitragen, neue Verbindungen zu bilden und zu stärken.

 

Leistungssteigerung, "Peak Performance"

Neurofeedback wird eingesetzt zur Leistungssteigerung in Beruf, Schule und Sport, zur Tiefenentspannung sowie zur Kreativitätsförderung bei künstlerischen Berufen.

 

Eine Steigerung der Leistungsfähigkeit kann z.B. über eine Verbesserung der Entspannungsfähigkeit erreicht werden. Oder man arbeitet an einer bedürfnisgerechten Regulation der Aufmerksamkeit (z.B. fokussierte Konzentration im Gegensatz zu offenem, präsentem Gewahrsein). Es geht dabei um die Förderung von Zuständen, wie sie auch von verschiedenen Meditationspraktiken angestrebt werden. 

 

Die NASA setzt Neurofeedback zum Training von Astronauten ein, die US-Army bei Kampfpiloten. Von olympischen Teams und der italienischen Fussball-Nationalmannschaft ist bekannt, dass sie sich mit Neurofeedback vorbereitet haben (vor ihrem WM-Titel).

Es wurde auch nachgewiesen, dass durch ein Neurofeedback-Training Musikstudenten die musikalische Ausdrucksfähigkeit signifikant steigern können.

 

Übergeordnetes Ziel ist immer, je nach Situation flexibel den passenden Funktionszustand einnehmen zu können.